Toni Blum
Laubegaster Ufer 22, LeubenHIER WOHNTE
TONI BLUM
GEB. RICHTER
JG. 1893
DEPORTIERT 1943
AUSCHWITZ
1944 KZ RAVENSBRÜCK
TODESMARSCH
ÜBERLEBT
Weitere Stolpersteine in Laubegaster Ufer 22:
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Toni (Antonie) Richter wurde am 19.2.1893 in Conz geboren. Am 2. Oktober 1915 heiratete sie Alois Blum, der am 31.12.1891 ebenfalls in Conz geboren worden war.
Ihr erster Sohn, Willy, wurde noch vor ihrer Hochzeit am 5.12.1914 geboren und trug daher den Mädchennamen seiner Mutter, Richter. Die Familie betrieb ein Wander- Marionettentheater. Mit der Wanderbühne zogen Alois und seine Familie durch die kleinen Städte und Dörfer des Deutschen Reiches und spielten Stücke wie: „Dr. Faustus zu Wittenberg“, „Schinderhannes“, „Hamlet“ und viele andere.
So kamen nach und nach ihre weiteren 9 Kinder an unterschiedlichen Orten zur Welt. Ihre erste Tochter Anna wurde am 29.6.1919 in Weichering/Oberbayern geboren, danach Hugo 1920 in Oy/ Oberbayern, Therese 1921 in Niedernhall, Elisabeth 1923 in Halberstadt, Elli Blum 1924 in Berßel/ Harz, Ella „Pecksla“ Blum 1925 an unbekanntem Ort, Willy 1928 in Rübeland/ Harz, Dora am 9.5.1930 in Marlishausen bei Arnstadt und schließlich Rudolf am 3.9.1934 in Dresden.
Die Familie wohnte an unterschiedlichen Orten, ihr letzter frei gewählter Wohnort war das Laubegaster Ufer 22 in Dresden, wo sie von 1934 bis 1938 ihr Winterquartier hatten. Nachdem sie 1938 mit einem Berufsverbot belegt worden waren, zog die Familie gezwungenermaßen nach Hoyerswerda, wo die Behörden nicht so genau hinschauten und sie weiter ihrem Gewerbe nachgehen konnten. Sie wohnten dort am Burgplatz 4 und konnten noch bis 1942 zumindest teilweise ihren Beruf ausüben.
1942 wurde Alois Blum die Gewerbegenehmigung endgültig entzogen. Am 8. Mai 1942 wurde er verhaftet und in das Untersuchungsgefängnis im Hoyerswerdaer Schloss gebracht. Am 5.7. wurde er nach Auschwitz deportiert. Über Buchenwald, Mittelbau-Dora, wo er von August 1944 bis Januar 1945 Zwangsarbeit im Stollen in der Produktion von V2 Raketen leisten musste, kam er schließlich nach Bergen Belsen, wo er im April 1945 befreit wurde. Toni Blum hielt sich ab 1938 in Hoyerswerda mit dem Verkauf von Handarbeiten, Spitzen und Spitzendecken über Wasser. Im August 1942 wurde sie vom Landgericht Görlitz zu 2 Wochen Haft verurteilt. Im März 1943, im Zuge der reichsweiten Deportation der Sinti und Roma, wurde sie zusammen mit ihren Kindern und ihrem Schwiegersohn Julius Geissler, dem Ehemann von Therese, in Hoyerswerda verhaftet und in das KZ Auschwitz deportiert.
Sinti- und Roma-Familien wurden dort nicht getrennt, sondern von Februar 1943 bis August 1944 gemeinsam in Sonderbaracken, dem im Nazijargon sogenannten „Zigeunerlager“, untergebracht, um Unruhen zu vermeiden. Von der Familie Blum fehlten nur Alois und Hugo, die erst später nach Auschwitz kommen würden.
Der 18 Monate alte Sohn von Therese und ihrem Mann starb im Mai 1943 an Typhus. Auch Anna hatte einen kleinen Sohn, Rudolf, 3 Jahre alt, der an der Noma-Seuche erkrankte und vom Lagerarzt Mengele geholt und getötet wurde. Mindestens 4 der Blum- Kinder wurden von Mengele für medizinische Experimente auserkoren und mit verschiedenen Krankheiten infiziert, die sie jedoch alle überlebten.
Im Lager herrschten grauenhafte Zustände. Von insgesamt 22.600 Personen, die in Baracken des Pferdestalltyps untergebracht waren, starben über 19.300. Davon erlagen über 13.600 der planmäßigen Mangelernährung, Krankheiten und Seuchen, mehr als 5.600 wurden in Gaskammern ermordet. Andere wurden Opfer individueller Gewaltattacken oder von Medizinverbrechen, unter anderem durch den KZ-Arzt Josef Mengele. Ein kleiner Teil der Gefangenen wurde nach der Auflösung der Lagers 1944 zur Zwangsarbeit in andere Konzentrationslager (wie Buchenwald oder Ravensbrück) überstellt. Zu diesem kleinen Teil zählten auch die Mitglieder der Familie Blum.
Toni Blum kam 1944 nach Ravensbrück und wurde zusammen mit ihren Töchtern Elli und Dora im April 1945 auf dem Todesmarsch bei Lübz befreit.
Nach dem Krieg traf sich die Familie, wie versprochen, in Hoyerswerda wieder. Es fehlten nur Willy und Rudolf. Die Familie hatte alles verloren, Dora befand sich in schlechtem gesundheitlichem Zustand. Alois begab sich auf der Suche nach Willy und Rudolf nach Berlin. Später traf er einen ehemaligen Mitgefangenen, der ihm vom Tod der beiden berichtete. Schon bald musste die Familie erneut fliehen, diesmal vor den Übergriffen russischer Soldaten. So kamen sie schließlich nach Regensburg, dann über Weiden in der Oberpfalz nach Hildesheim und Osterode. Sie versuchten noch eine Zeit lang, das Wander- Marionettentheater weiterzubetreiben, aber diese Zeit war vorbei. Die Familie zerstreute sich, viele litte unter Spätfolgen der KZ-Haft.
Alois und Toni zogen schließlich nach Hannover. Toni Blum starb 1968, Alois Blum 1982.
Quellen:
„Annette Leo: „Das Kind auf der Liste“, Aufbau-Verlag 2018/2020
Arolsen Archives – International Center on Nazi Persecution https://collections.arolsen-archives.org/de/search
Die Verlegung der Stolpersteine wurde von der Heinrich- Böll- Stiftung initiiert
Die Verlegung der 12 Stolpersteine für die Familie Blum am Laubegaster Ufer 22 fand am 8. März 2024 statt
Die Patenschaft übernehmen die Stadtteilinitiative „Laubegast ist bunt“ und die 64. Oberschule Laubegast
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