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Hermann Lewin

Mansfelder Straße 17, Striesen

HIER WOHNTE
HERMANN LEWIN
JG. 1904
FLUCHT 1938
DÄNEMARK
USA



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Hermann Lewin wurde am 8. Januar 1904 als erster Sohn des Tabak- und Zigarettenfabrikanten Julius Lewin und seiner Ehefrau Sarah geb. Grzebinarz in Gollub im damaligen Westpreußen (heute Golub-Dobrzyn, Polen) geboren. Er hatte bereits eine ältere Schwester, Betty, und bekam noch zwei Brüder, Leo und Alfred.
Nach der Rückkehr des Vaters aus dem 1. Weltkrieg verlegte dieser seinen Firmensitz nach Dresden, zum einen aus wirtschaftlichen Erwägungen, zum anderen eher, weil er sich als Deutscher verstand und seine Heimat nun zu Polen gehörte. Er nannte seine Firma Yramos, die hochwertige Markenzigaretten herstellte und als unabhängiges Familienunternehmen bald eine respektable Position einnahm.
Hermann wurde Prokurist und Mitinhaber. Durch seine hervorragenden Kenntnisse und die persönlich getätigten Einkäufe in Athen und auf dem Balkan festigte sich der gute Ruf der Firma, deren Marken sehr bekannt wurden, nicht zuletzt über 40 auswärtige Vertreter, die den Vertrieb übernahmen. Die Firma zog 1932 von der Freiberger Straße in größere Räumlichkeiten auf der Laubestraße 24 um, die zuvor im Besitz der Firma Laube waren, ebenfalls ein jüdisches Tabakunternehmen. Sie beschäftigten nun 200 Arbeiter und Angestellte und produzierten 500 Millionen Zigaretten jährlich. Die 48 Arbeitsstunden wurden auf fünf Tage der Woche verteilt, da samstags die Sabbatruhe eingehalten wurde.
Hermann und seine Frau Else geb. Zorek wohnten neben der Fabrik in der Müller-Berset-Straße 21 zur Miete, während seine Eltern im eigenen Haus auf der Kurfürstenstraße 11 wohnten, in der Nähe eines jüdisch-orthodoxen Vereins, in dem sie aktiv waren.
1933, noch nicht einmal ein Jahr nach dem Umzug der Firma in die Laubestraße, begann nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten der Boykott jüdischer Geschäfte und Unternehmen, unter dem auch Yramos zu leiden hatte. Ein Teil der Händler hatte sich distanziert und es war vor allem nicht mehr möglich, erstklassige Rohtabake einzukaufen, so dass Qualität und Umfang der Produktion zurückgingen und Entlassungen notwendig wurden. Die Lewins bemühten sich, ihre jüdischen Angestellten zu behalten, und stellten sogar weitere ein, die anderswo ihre Beschäftigung verloren hatten. So auch den angehenden Juristen und späteren Fotografen Fred Stein, der daran gehindert wurde, sein 2. Juristisches Examen abzulegen. Da er auch politisch links organisiert war, drohte ihm die baldige Inhaftierung, die bereits massenhaft stattfand, und es gab häufige Gestapo-Razzien. Fred Stein war mit dem etwa gleichaltrigen Alfred befreundet, der ihn über die unmittelbare Gefahr informierte, so dass er gerade noch rechtzeitig mit seiner Frau fliehen konnte. Einige Mitarbeiter der Firma leisteten Widerstandsarbeit und halfen verfolgten Juden.
Trotz des Eintritts der Firma in das Kartell Interessengemeinschaft Zigarettenindustrie ging die Produktion rapide zurück auf 42 Millionen Zigaretten jährlich, so dass Hermann Lewin seinen Vater 1937 überzeugen konnte, die Firma zu verkaufen. Hermann war abgeholt worden und blieb über ein Jahr verschwunden, an einer Art Sammelplatz, von dem niemand wusste, wo er sich befand. Er soll wohl knapp dem Transport nach Buchenwald entkommen sein. Die Fabrik ging 1938 für 400.000 Reichsmark an die Firma Greiling, die Summe wurde jedoch vom Staat konfisziert. Somit mussten Hermann und Else Lewin ihre Flucht ins Exil völlig mittellos antreten, zunächst nach Dänemark und kurz darauf in die USA. Dort wurde ihre Tochter Joanie geboren.
Hermann Lewin, der sich 1940 in Herman Lane umbenannte, arbeitete sich in New York mühsam hoch, betrieb in Manhattan ein Tabakgeschäft und gründete dann die erstklassige Pfeifentabakfabrik Lane Limited.

Die Verlegung des Stolpersteins für Hermann Lewin 2024 erfolgte auf Anregung seiner Tochter.

Quellen:
Angaben der Angehörigen (Tochter Joanie Lane, 2023)

Arbeitskreis Gedenkbuch der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Dresden e. V. (2006): Buch der Erinnerung. Juden in Dresden: Deportiert, ermordet, verschollen. 1933-1945. Thelem Universitätsverlag Dresden, S. 221

Erik Lindner: Jüdische Unternehmer in der Dresdner Zigarettenindustrie in: Dresdner Hefte, Heft 45, 1/96

Erik Lindner: Die Orientalische Tabak- und Zigarettenfabrik YRAMOS in: Spurensuche. Juden in Dresden, Hrsg.: HATIKVA, Dölling und Galitz Verlag, 2. Aufl. 1996, S. 60/6

Ausstellungskatalog Stadtmuseum Dresden: Fred Stein. Dresden Paris New York, Sandstein-Verlag Dresden 2018, S. 29



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