Details

Henriette Bodländer

Kyffhäuser Straße 15, Blasewitz

HIER WOHNTE
HENRIETTE BODLÄNDER
GEB. BENGER
JG. 1875
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 15.10.1942



Weitere Stolpersteine in Kyffhäuser Straße 15:
Bodländer, Viktor

Henriette Gitel Benger wurde am 15. Juni 1875 in Kattowitz in Schlesien (heute: Polen) als Tochter von Yosef und Berta Benger geboren. Zwei Jahre später erblickte ihre Schwester Mathilde das Licht Welt.
Henriette heiratete Viktor Bodländer und zog zu ihm nach Tarnowitz, wo er das Geschäft seines Vaters weiterführte. In Tarnowitz wurden die Töchter Paula 1897 und Gertrud 1902 geboren. Paula wurde Drogistin, während Trude den Beruf einer Kinderkrankenschwester erlernte. Die Töchter ließen sich in Berlin nieder. Paula betrieb ab 1926 dort die Westenddrogerie, Trude heiratete den Apotheker Wilhelm Baginsky und brachte 1927 Franz David zur Welt. 1931 zogen die Eltern nach Dresden – vermutlich, um den Kindern näher zu sein.
1932 zog Paula nach Ulm, wo sie die Rathaus-Drogerie mit Unterstützung des Schwagers eröffnete. 1935 wurde sie jedoch zwangsenteignet, floh nach Palästina und heiratete dort Ludwig Haas, ihren ebenfalls geflohenen Verlobten. Trudes Familie verschlug es 1938 in die Niederlande. Henriettes Enkel Franz David Baginsky berichtete 2011 gegenüber früheren Nachbarn: „Als wir 1943 abgeholt wurden, kamen wir zuerst in die Hollandsche Schouwburg (Anmerkung: Theater, NS-Sammelplatz für Juden in Amsterdam) und von dort für drei Monate ins Konzentrationslager Herzogenbusch. Dann wurden wir zusammen mit den meisten jüdischen Gefangenen nach Westerbork geschickt. Die Tatsache, dass mein Vater Apotheker und meine Mutter Krankenschwester war, half uns, in Westerbork trotz aller Schwierigkeiten bis zum 12. April 1945, dem Tag der Befreiung durch die kanadische Armee, zu überleben.“
Am 7. September 1942 wurde in Dresden ein LKW-Transport nach Theresienstadt zusammengestellt. Mit dem Ehepaar Bodländer wurden vier ihrer Mieter deportiert: Bianka Friedeberger geb. Rosenbaum, Julie Bauer geb. Kafka, Max Aaron Neumann und Klara Margarethe Neumann geb. Joachimsthal. Mit dem gleichen Transport wurde auch Jenny Jacoby, die Besitzerin des anderen „Judenhauses“ in Dresden-Blasewitz nach Theresienstadt gebracht. Viktor Klemperer notierte in seinem Tagebuch am 8. September 1942:
„Heute früh kam Frau Ziegler von der Gemeinde, wo sie die Transportherde nachtüber betreut hatte. Sie sagte, das schlimmste sei der Moment, wo über den im Lastwagen verstauten die Plane von allen Seiten herabgelassen und geschlossen würde. ‚Wie das Vieh im Dunkeln.‘ Sie erzählte, wie eine alte Dame einen Brief ausgeliefert erhielt, als ein Gestapokommissar hinzukam. Der Brief war harmlos. Von einer Tochter. Aber das inliegende Bild der Enkelin wurde zerrissen: ‚Ihr dürft kein Bild mitnehmen.‘ Und ein Satz lautete: ‚Vielleicht, Mütterchen, sehn wir uns doch noch einmal, es geschehen ja Wunder.‘ Der Kommissar, der laut las, kommentierte: ‚Für euch geschehen keine Wunder, bildet euch nichts ein.‘“
In Theresienstadt haben sie vermutlich Henriettes Schwester Mathilde verh. Schlesinger wiedergetroffen. Sie wurde bereits im Juli 1942 aus Riebnig bei Breslau nach Theresienstadt deportiert. Henriette Gitel Bodländer starb am 15. Oktober 1942, nur einen Monat nach der Deportation, in den „Schleussenkrankenstuben“ – das waren kümmerliche Räume für Schwerkranke und Sterbende – ihr Mann einen Monat später, ihre Schwester vier Monate später.

Die Evangelisch-Lutherische Kirchgemeinde Dresden-Blasewitz hat sich zur Aufgabe gesetzt, durch die Verlegung von Stolpersteinen auf dem Gemeindegebiet an die Verfolgten des Naziregimes zu erinnern, so wie für Henriette und Viktor Bodländer im Jahr 2022.

Quellen

Stadtwiki Dresden: „Judenhäuser“, in: https://www.stadtwikidd.de/wiki/Judenh%C3%A4user [31.08.22]
Opferdatenbank des Instituts Terezínské Iniciative: www.holocaust.cz/en/database-of-victims/victim/6751-henriette-bodl-nder/ [31.08.22]
Landesarchiv Baden-Württemberg, Staatsarchiv Ludwigsburg: Wiedergutmachungsakte Paula Haas, geb. Bodländer EL 350 I Bü 35442.
Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) Projekt: Dresdner Adressbücher https://adressbuecher.sachsendigital.de/ [31.08.22]
Smits, René: „Benedenburen gevonden“ (Dt.: Nachbarn gefunden), Artikel vom 10.04.2011 über die Familie Baginski in www.joodsmonument.nl [31.08.22]
Nowojski, Walter / Klemperer, Hadwig (Hrsg.): Victor Klemperer Ich will Zeugnis ablegen bis zum letzten. Tagebücher 1933–1945. Aufbau Verlag Berlin 1995.

Archive:
Arolsen Archiv – Internationales Zentrum für NS-Opfer: https://arolsen-archives.org/ [31.08.22]
Yad Vashem Database of Shoa Victims, Jerusalem http://db.yadvashem.org/names [31.08.22]

Putzpate:
bereits vergeben

Wenn Sie eine Putzpatenschaft für einen oder mehrere Stolpersteine übernehmen möchten, melden Sie uns das bitte an die Mailadresse email hidden; JavaScript is required.