Fred Stein
Tiergartenstraße 18, AltstadtHier wohnte
Alfred "Fred" Stein
JG. 1909
Flucht 1933 Frankreich
Verhaftet 1939
"Feindlicher Ausländer"
Interniert Villerbon
1940 geflohen/versteckt
Flucht 1941 USA
Weitere Stolpersteine in Tiergartenstraße 18:
Salzburg, Elsa
Stein, Liselotte
Fred, eigentlich Alfred, Stein wurde am 3. Juli 1909 in Dresden als Sohn des Rabbiners Dr. Leopold Stein und seiner Frau Eva, geb. Wollheim, geboren. Am 3.2.1911 kam seine Schwester Rosi zur Welt.
Sein Vater starb als Fred sechs Jahre alt war. Seine Mutter ließ sich daraufhin zur Religionslehrerin ausbilden und unterrichtete an der Israelitischen Religionsschule und als Privatlehrerin.
Fred war intelligent, musisch interessiert, auffallend begabt und durfte am König-Georg-Gymnasium einige Klassen überspringen. Mit 18 Jahren trat der SPD bei und mit 22 der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (SAP), eine von linken Sozialdemokraten und rechten Kommunisten gegründete Partei, die sich um eine antifaschistische Einheitsfront bemühte. Er studierte Jura und wollte Anwalt werden für die Benachteiligten, wurde aber 1933 aus "rassischen" Gründen nicht zum zweiten Staatsexamen zugelassen. Er fand Arbeit als Syndikus in einer Zigarettenfabrik und setzte seine politische Arbeit illegal fort. Als ihm die Verhaftung drohte, emigrierte er mit seiner Frau Lilo, geb. Salzburg, unter dem Vorwand einer Hochzeitsreise über Prag und das Saarland nach Paris. Zuvor war er, frisch vermählt, in die Villa seiner Schwiegermutter Elsa Salzburg am Großen Garten gezogen, deren Mann 1932 verstorben war. Das junge Paar hatte sich vom Hochzeitsgeld auf Lilos Anregung den Kauf einer Leica geleistet, die nun in Paris die Basis ihres Lebensunterhalts wurde. Lilo fand Arbeit in der Küche einer sozialistischen Kooperative und Fred machte aus seinem Talent zum Fotografieren seinen Beruf. Sie betrieben ein Studio, und bald wurden seine Fotografien auch ausgestellt. Damit erging es ihnen besser als den meisten anderen Emigranten, die sie zeitweise bei sich aufnahmen – wie Robert Capa und Gerda Taro, auch Willy Brandt, wenn er aus Norwegen nach Paris kam – oder zu sich einluden. Im Spanischen Bürgerkrieg verlor Fred seinen besten Freund Herbert Zucker. In diesen Jahren wurden etwa 10 000 Kinder aus Spanien in französischen Familien oder Waisenhäusern untergebracht, und Fred Stein fotografierte sie an vielen Orten, wobei es ihm darum ging, sie in ihrer Not und Bedürftigkeit durch Krieg und Faschismus zu zeigen, jedoch gleichzeitig als Kinder, die noch lachen, spielen und lernen konnten.
1938 wurde die Tochter Ruth Marion, genannt Mimi, in Paris geboren.
Mit Kriegsbeginn wurde Fred Stein als "feindlicher Ausländer" inhaftiert und kam in ein Internierungslager. Als Frankreich 1940 von den Nazis überrollt wurde, konnte er nach Süden fliehen und kam bis Toulouse. Von dort konnte er über Umwege Frau und Tochter in Paris informieren, die sich mit einem Täuschungsmanöver der Behörden die Fahrt zu ihm erschlichen. Sie lebten untergetaucht in ständiger Lebensgefahr bis sie mit einem der letzten Schiffe am 6. Mai 1941 Marseille in Richtung New York verlassen konnten, dank der Vermittlung des Emergency Rescue Committees von Varian Fry.
In New York fand Lilo eine Anstellung in fotografischen Betrieben, und Fred durchstreifte mit seiner Leica die Weltstadt, vorwiegend die ärmeren Viertel. Er konnte Bildbände veröffentlichen und nahm oft den 1943 geborenen Sohn Peter mit auf seine Streifzüge und zeigte ihm, wie man mit einer Kamera offen und präzise auf die Welt schaut. Aufgrund eines Hüftleidens verlegte er sich ab 1950 immer mehr auf die Porträtfotografie, reiste dafür auch nach Israel und in die BRD und porträtierte viele bekannte Persönlichkeiten aus Kunst, Wirtschaft, Wissenschaft und Politik, wobei seine Schnappschüsse immer während intensiver Gespräche entstanden und so das Wesen der Porträtierten sehr authentisch offenbarten. Nicht wenige Aufnahmen sind weltberühmt geworden – so u.a. Albert Einstein, Hannah Arendt, David Ben Gurion, Erich Kästner, Herbert von Karajan, Konrad Adenauer, Willy Brandt, Leonhard Frank, Salvador Dali, Arnold Schönberg, Mary Wigman, Klaus Mann, Marc Chagall, Otto Dix, Max Ernst – viele waren Emigranten, wie er selbst.
Fred Stein starb mit 58 Jahren am 27. September 1967 in New York.
Auch wenn er einige Projekte nicht mehr realisieren konnte, er plante z. B. einen Sammelband "Deutsche gegen das Dritte Reich" und eine Biografie über den deutsch-jüdischen Maler Moritz Oppenheim, hinterließ er doch ein umfangreiches Werk, das von seinem Sohn Peter und dessen Frau Dawn Freer im Fred Stein Archive verwaltet wird. Seine Arbeiten wurden 2018 in einer umfangreichen Ausstellung des Stadtmuseums Dresden in Kooperation mit dem Jüdischen Museum Berlin gewürdigt. Seine Fotografien bezeugen, dass er trotz allen erlittenen Unrechts eine schönere, gerechtere und menschenwürdigere Welt vor Augen hatte, für deren Verwirklichung er mit seiner Kunst und mit seinem Leben eintrat.
Das Stadtmuseum Dresden spendete den Stolperstein für Fred Stein 2019.
Quellen:
Angaben von Peter Stein.
Atanassow, Alexander (Hg.); Stein, Peter; Freer, Dawn (2019): Fred Stein: Kinder – Children. Dresden: Kunstblatt-Verlag.
Stadtmuseum Dresden; Eschebach, Erika; Weber, Helena (2018): Fred Stein: Dresden Paris New York. Dresden: Sandstein-Verlag.
Putzpate:
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