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Liselotte Stein

Tiergartenstraße 18, Altstadt

HIER WOHNTE
LISELOTTE "LILO"
STEIN
GEB. SALZBURG
JG. 1910
FLUCHT 1933 FRANKREICH
SEIT 1940 VERSTECKT
FLUCHT 1941 USA



Weitere Stolpersteine in Tiergartenstraße 18:
Salzburg, Elsa
Stein, Fred

Lilo (Liselotte) Stein wurde am 22. Juni 1910 in Dresden geboren. Sie war die jüngste von drei Töchtern des Arztes Dr. Siegmund Salzburg und seiner Frau Elsa, geb. Glückmann. Ihre beiden Schwestern Thekla und Erika wurden 1905 und 1906 geboren. Die großbürgerliche Familie lebte in der Villa Mozartstraße 3, die ihr Vater 1910 kaufte, nachdem er sich 1896 als Hals-Nasen-Ohren-Arzt niedergelassen hatte. Als Patrioten dienten er und sein Bruder Friedrich, der Jurist war, im Ersten Weltkrieg und erhielten das Eiserne Kreuz. Nach langer Krankheit verstarb Siegmund Salzburg 1932. Die Familie geriet in wirtschaftliche Schwierigkeiten, weshalb Lilo nicht aufs Gymnasium kam und keine Ärztin werden konnte. Sie machte eine Ausbildung zur Kindergarten-Erzieherin in der Künstlerkolonie Hellerau, fand Gefallen an Tanz, Kunst und Musik und traf damit auch die Interessen ihres späteren Mannes Fred Stein. Durch ihn, der Mitglied der SPD und später der Sozialistischen Arbeiterpartei Deutschlands (SAP) war, kam sie mit dem Gedankengut sozialer Gerechtigkeit in Berührung und unterstützte ihn in seinen politischen Aktivitäten. Ihre Anstellung in der Kanzlei ihres Onkels verlor sie, nachdem sie geäußert hatte, der Reichstagsbrand Anfang 1933 sei den Nazis anzulasten. Diese rote "Lügenpropaganda" empörte den im Ersten Weltkrieg dekorierten Offizier Friedrich Salzburg.
Lilo und Fred Stein heirateten im August 1933. Auf Lilos Vorschlag, der Freds Fotos von ihr sehr gefallen hatten, kauften sie vom Hochzeitsgeld eine Leica. Fred hatte nur einen Monat vor Ende des Referendariats aufgrund der Rassengesetze seine Anstellung verloren und arbeitete daraufhin in einer jüdischen Tabakfirma. Ende September drohte ihm jedoch die unmittelbare Verhaftung, deshalb floh das junge Paar unter dem Vorwand einer Hochzeitsreise über Prag und das Saarland im Oktober nach Paris. Da dort eine juristische Anstellung aussichtslos war, wurde die Leica zum Wendepunkt seiner beruflichen Laufbahn. Lilo hatte eine Anstellung als Köchin erlangt, eine für sie ungewohnt anstrengende Arbeit, und bestritt damit zunächst allein den Lebensunterhalt, bis Fred die Fotografie sehr schnell erlernt hatte. Wagemutig eröffneten sie ein Studio in ihrer kleinen Wohnung, wobei Lilo als Assistentin die Retuschearbeit erledigte, während Fred auf Motivsuche die Stadt durchstreifte. Der Beginn war mühsam, aber die Arbeit machte beiden Freude, und bald kam Fred an Aufträge für Fotoreportagen bei Zeitungen und später folgten zunehmend Ausstellungen in Galerien. Die neue linke Regierung unter Léon Blum ermöglichte auch deutschen Emigranten eine Arbeitserlaubnis, und so besserte sich die finanzielle Situation der beiden. 1938 kam ihr erstes Kind, Marion, in Paris zur Welt, und sie bezogen eine größere Wohnung. Durch ihre Gastfreundschaft gehörten bald die bedeutendsten Persönlichkeiten zu ihrem Freundes- und Bekanntenkreis, und es entstanden Fotoporträts, die später zu Ikonen wurden.
Die Situation änderte sich schlagartig mit Kriegsbeginn. Fred wurde als "feindlicher Ausländer" interniert, Lilo und Marion, mit französischer Staatsbürgerschaft, konnten aus Paris evakuiert werden. Lilo gab sich in der Bretagne nicht als Deutsche zu erkennen und arbeitete in einem Krankenhaus, konnte Marion nur eine Stunde täglich sehen, bis sie nach Paris zurückkehren konnten und bei Freunden unterkamen. Als die Wehrmacht 1940 Frankreich halb besetzte, wurden die Lagerhäftlinge nach Süden verlegt und dann Hals über Kopf freigelassen. Fred kam zu Fuß über Feldwege bis in die unbesetzte Zone und schickte verschlüsselte Nachrichten an Lilo mit der Aufforderung, ihn in Toulouse zu treffen. Lilo gelang es, sich als Französin auszugeben und mit Marion dorthin zu reisen. Dort lebten sie nahezu mittellos und in ständiger Angst vor Verhaftung, bis sie die Einreiseerlaubnis in die USA über das Emergency Rescue Committee und das Jewish Labor Committee erhielten. Sie kamen über Marseille mit einem der letzten Schiffe – nicht ohne Zwischenstopp auf Trinidad in einem Lager – am 13. Juni 1941 in New York an. Allerdings ohne die Leica, die Fred im Lager hatte abgeben müssen. Lilos Mutter, die inzwischen zu ihrem Schwager nach Kalifornien emigriert war, finanzierte ihnen eine neue Kamera und so konnte Fred wieder als Fotograf arbeiten. Lilo arbeitete als Fabrikarbeiterin, als Näherin und in einem Foto-Großlabor. Mit der Zeit trafen sie auch alte Bekannte wieder, meist ebenfalls Emigranten wie sie.
Am 12. Oktober 1943 kam Sohn Peter in New York zur Welt.
Obwohl Fred sein juristisches Examen hätte nachholen können, kam für ihn ein erneuter Berufswechsel nicht mehr in Frage. Er hatte seinen eigenen Stil gefunden und arbeitete meist freischaffend. Seine Fotografien wurden in Zeitungen und Zeitschriften veröffentlicht und er verlegte auch mehrere Bücher. Mit dem zunehmenden Erfolg ihres Mannes konnte Lilo später ihre Erwerbsarbeit beenden und erwarb mehrere akademische Abschlüsse. Sie wurde zur Professorin für Deutsche Literatur und Theaterwissenschaften an die Adelphi University in Garden City auf Long Island, New York, berufen.
Lilo Stein verstarb am 28. November 1997 in Queens, New York City.

Im Jahre 2020 spendete Kai Döring aus Dresden dankenswerter Weise den Stolperstein für Lilo Stein und übernahm die Patenschaft.

Quellen:
Angaben Peter Stein.

Atanassow, Alexander (Hg.); Stein, Peter; Freer, Dawn (2019): Fred Stein: Kinder – Children. Dresden: Kunstblatt-Verlag.

Stadtmuseum Dresden; Eschebach, Erika; Weber, Helena (2018): Fred Stein: Dresden Paris New York. Dresden: Sandstein-Verlag.

Putzpate:
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