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Julius Wahle

Wiener Straße 85a, Seevorstadt

HIER WOHNTE
JULIUS WAHLE
JG. 1861
GEDEMÜTIGT / ENTRECHTET
TOT 7. NOV. 1940



Weitere Stolpersteine in Wiener Straße 85a:
Hirschel, Wolfgang
Hirschel, Kurt
Hirschel, Elsa
Hirschel, Alfred

Julius Wahle wurde am 15. Februar 1861 in Wien geboren und war Sohn des Handelsagenten Jacob Wahle und seiner Frau Barbara, geborene Schenk. Er war der älteste von sieben Geschwistern. In Wien studierte Wahle deutsche und klassische Philologie bei Erich Schmidt und Jakob Minor sowie Harmonielehre bei Anton Bruckner. 1885 wurde er mit der Arbeit „Sprickmanns Eulalia und das literarische Nachleben der Emilia Galotti“ promoviert. Im selben Jahr wurde Schmidt Leiter des Goethe-Archivs in Weimar und nahm Wahle mit. Danach arbeitete er bis 1994 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Goethe-Archiv Weimar (ab 1889 Goethe- und Schiller-Archiv), bis 1996 als besoldeter Assistent und betreute als Generalkorrektor bis 1919 die Weimarer Goethe-Ausgabe. 1908 wurde er Professor. Am 30. Dezember 1910 wurde Julius Wahle als erste Person überhaupt mit der höchsten Auszeichnung der Goethe-Gesellschaft Weimar, der Goldenen Goethe-Medaille, geehrt. Zu Wahles 60. Geburtstag veröffentlichten seine Kollegen um Werner Deetjen ihm zu Ehren die Festschrift Funde und Forschungen. 1928 ging er in Rente, 1931 wurde er zum Ehrenmitglied der Gesellschaft ernannt. 1933 schied er offiziell aus der Goethe-Gesellschaft aus, wurde stilles Mitglied und kündigte später auf Druck der Nationalsozialisten seine Mitgliedschaft.
Julius Wahle zog 1936 zur Familie seiner Nichte Elsa Hirschel nach Dresden in die Wienerstraße 85. Dieser Schritt ist durch seinen instabilen Gesundheitszustand und seine familiäre Situation zu nachzuvollziehen: Der mittlerweile 75-Jährige war unverheiratet geblieben und hatte außer seiner in Dresden lebenden Nichte keine Verwandten in relativer Nähe. Aber auch die sich verändernde politische Situation führte zum Wegzug Wahles aus Weimar. Julius Wahles letzte Lebensjahre in Dresden waren von zunehmender Vereinsamung und seiner schlechten Gesundheit geprägt; die zunehmenden sozialen und beruflichen Demütigungen setzten ihm sicher zu. Erkrankt und in Gedanken an Weimar verstarb Julius Wahle am 7. November 1940 in Dresden und wurde auf dem Neuen Jüdischen Friedhof in Dresden beigesetzt. Minna Schäler erwähnt ihn als angenehmen und bescheidenen Menschen. In Ihren Erinnerungen sei er eines Abend nach dem Essen aufgestanden und einfach tot umgefallen. Sie schreibt: „Aus. Das war das Ende eines reichen Wissens.“
Durch seinen verfolgungsbedingten Umzug nach Dresden konnte er seine Bibliothek nur unvollständig mitnehmen. Einen Teil „schenkte“ er der Thüringische Landesbibliothek Weimar; diese Werke werden gegenwärtig restituiert.

Die Klassik Stiftung Weimar veranlasste 2022 die Verlegung der Stolpersteine für Julius Wahle sowie jene für die Familie seiner Nichte Elsa Hirschel.

Quellen

Haufe, Rüdiger / Schlegel, Sebastian (2016): „Erwerbung von 17 Bänden aus dem Besitz von Julius Wahle durch die Thüringische Landesbibliothek Weimar“, in: Forschungsprojekt Provenienzen, Erwerbungskontexte, Erbenermittlung – Recherchen zu Verdachtsfällen NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter in den Beständen der Klassik Stiftung Weimar. S. 1-8.
Nawrocka, Irene: „Julius Wahle“, in: Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage. https://www.biographien.ac.at/oebl/oebl_W/Wahle_Julius_1861_1940.xml [13.09.2022].
Schäler, Minna: Erinnerungen von Minna Schäler im 85. Jahr. New York, S. 1-23. https://www.infocenters.co.il/massuah/multimedia/Docs/pdf/disk20070109/12964.pdf [16.09.2022]
Wikipedia: „Julius Wahle“, in: https://de.wikipedia.org/wiki/Julius_Wahle [13.09.2022].

Putzpate:
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