Harriet Saalheimer
Oberer Kreuzweg 6, NeustadtHier wohnte
Herta Steinhart
verh. Saalheimer
Jg. 1915
Flucht 1938
England
Kanada
Weitere Stolpersteine in Oberer Kreuzweg 6:
Steinhart, Alfred
Joseph Fränkel wurde am 18. Juni 1888 in Schneidemühl im damaligen Westpreußen geboren. Heute heißt dieser Ort Piła und liegt 80 km nördlich von Posen. Ida Fränkel, geb Steinhart, wurde am 9. Dezember 1887 in Tachov (deutsch Tachau) im Westen Böhmens geboren. Sie war in erster Ehe mit Max Steinhart verheiratet, der bereits 1925 verstarb. Max und Ida Steinhart hatten zwei Kinder: Alfred und Herta. Sie war in zweiter Ehe seit 1935 mit Joseph Fränkel verheiratet. Das Paar hatte in der Dresdner Synagoge geheiratet und lebte in der Melanchtonstraße 25. Joseph Fränkel war Textilkaufmann und betrieb ein Weißwarengeschäft im Dresdner Osten, in der Leubener Straße 2 in Laubegast. Ida Fränkel war Inhaberin des Kaufhauses Max Steinhart in der Louisenstraße 39, an der Ecke Alaunstraße. Dort arbeitete sie auch.
Bei den Novemberpogromen 1938 hinderten SA-Männer Käufer am Betreten seines Ladens. Nach der sogenannten Reichskristallnacht wurde sein Geschäft von den Bürgern boykottiert und an den Schaufensterscheiben stand "Kauft nicht bei Juden!". Im Jahre 1940 wurden Joseph und Ida Fränkel gezwungen, in das Judenhaus Hähnelstraße 1 zu ziehen. Am 23./24. November 1942 wurde Joseph Fränkel zusammen mit seiner Frau Ida, deren Schwester Rosa und ihrem Schwager Walter Steinhart in das "Judenlager Hellerberg" gebracht. Dieses Lager war von der Gestapo in Zusammenarbeit mit der Zeiss Ikon AG, der auch das Gelände gehörte, eingerichtet worden, um die knapp 300 noch in Dresden verbliebenen Juden dort zu internieren. Da das Lager in der Dr. Todt-Straße. (heute Radeburger Straße) knapp außerhalb der Stadtgrenze lag, galt Dresden ab dem 23. November 1942 als "judenrein" bzw. "judenfrei". Die Lagerinsassen mussten pro Tag 60 Reichspfennige für Miete und Verpflegung zahlen. Sie verrichteten Zwangsarbeit in den der Zeiss Ikon AG gehörenden Goehlewerken, wo sie Torpedozünder montierten.
Am 1. März 1943 wurde das Lager zum Ersatzpolizeigefängnis erklärt und von der Bereitschaftspolizei bewacht. Nachdem am Abend des 2. März 1943 weitere 40 jüdische Gefangene aus Chemnitz sowie die noch in Dresden verbliebenen Angestellten der Jüdischen Gemeinde zu Dresden hinzugekommen waren, wurden die Lagerinsassen zum Bahnhof Dresden-Neustadt transportiert. Dort wurden die mehr als 300 Menschen in vier bis sechs Güterwaggons gezwungen. Am Abend des darauffolgenden Tages, des 3. März 1943, kam dieser Transport nach 24-stündiger Fahrt ohne Essen und Trinken in Auschwitz Birkenau an. Joseph Fränkel war zu diesem Zeitpunkt 54 Jahre alt, seine Frau Ida war 55. Sein Schwager war 64, dessen Frau 58 Jahre alt. Ebenfalls in diese Güterwaggons gepfercht war noch eine weitere, entfernte Verwandte von Ida und Joseph Fränkel, die 33 Jahre alte Sonja Steinhart mit ihren beiden Kinder Gert und Marion, sechs und 12 Jahre alt.
An diesem Tag kamen zwei Transporte mit jeweils jüdischen Gefangenen, darunter auch Menschen aus Norwegen, in Auschwitz an. Die Männer wurden umgehend von Frauen und Kindern getrennt. Kinder und ältere Menschen beiderlei Geschlechts sowie die meisten Frauen wurden sofort nach der Ankunft in Auschwitz als nicht arbeitsfähig eingestuft, aussortiert und für den Tod in den Gaskammern bestimmt. Aus dem ersten Transport wurden 535 Männer und 145 Frauen, aus dem zweiten Transport wurden 50 Männer und 164 Frauen als Häftlinge registriert. Die übrigen 2106 Menschen wurden in Gaskammern ermordet. Von den Menschen des Dresdner Transports wurden weniger als 50 ins Lager eingewiesen.Joseph Fränkel wurde, zusammen mit seiner Frau, seinem Schwager, seiner Schwägerin sowie Sonja Steinhart und ihren beiden Kindern, vermutlich am 3. März 1943 unmittelbar nach der Ankunft in Auschwitz-Birkenau ermordet.
Herta Steinhart wurde am 27. November 1915 in Dresden als Tochter von Ida und Max Steinhart geboren. Sie wohnte vermutlich in Dresden zuletzt mit ihren Eltern auf dem Oberen Kreuzweg 6 in Dresden. Herta Steinhart gelang nach der Reichspogromnacht im Jahre 1938 die Flucht nach England im Alter von fast 23 Jahren. Dort arbeitete sie für den Jewish World Congress. Sie änderte ihren Namen in Harriet. Im Jahre 1947 wurde sie von Dr. Manfred Saalheimer zum Canadian Jewish Congress geholt und emigrierte nach Kanada. Später heiratete sie Dr. Saalheimer und nahm seinen Namen an. Sie hatten keine Kinder. Ihr Mann starb am 20. Juni 1967 in Montreal. Harriet arbeitete später als Journalistin und veröffentlichte mehrere Bücher. Am 5. November 2013 starb Harriet Saalheimer, kurz vor ihrem 98. Geburtstag in Montreal, Kanada. Ihr Bruder Alfred Steinhart wurde 1943 nach Auschwitz deportiert und gilt seither als verschollen.
Die Patenschaften für die Familie wurden wie folgt übernommen: Ida Fränkel (André Biakowski), Harriet Saalheimer (Ingo Wobst), Alfred Steinhart (Scheune e.V. Dresden).
Quellen:
Arbeitskreis Gedenkbuch der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Dresden e.V. (2006): Buch der Erinnerung. Juden in Dresden: Deportiert, ermordet, verschollen. 1933-1945. Thelem Universitätsverlag Dresden, S. 98, S. 355-357,
Webseite der Familie Tenhumberg www.tenhubergreinhard.de [21.07.2014]
Bundesarchiv, Gedenkbuch für die Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933- 1945 http://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/ [21.07.2014]
Yad Vashem Database of Shoa Victims, Jerusalem http://db.yadvashem.org/names [21.07.2014]
Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) Projekt: Dresdner Adressbücher http://digital.slub-dresden.de/id277815010 [21.07.2014]
Putzpate:
bereits vergeben
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