Richard Werner Loewenstein
Waisenhausstraße 14, Innere AltstadtHIER WOHNTE
RICHARD WERNER
LÖWENSTEIN
JG. 1911
FLUCHT 1936
SÜDAFRIKA
Richard Werner Löwenstein wurde am 28. Dezember 1911 als Sohn von Julia Löwenstein (1888–1943) und Karl Löwenstein (1884–1918) in Duisburg geboren. Die jüdische Familie lebte zunächst in Hameln. Nach dem Tod seines Vaters 1918 zog der Siebenjährige mit seiner Mutter und seiner jüngeren Schwester Gerda Löwenstein (1913–1933) nach Altenkirchen, der Geburtsstadt von Julia Löwenstein. Dort lebten sie bei Verwandten. 1921 übersiedelte die Familie nach Dresden und zog in die Bankstraße 13. Mit Hilfe ihres Bruders Albert Levy (1886–1943) konnte sich Julia Löwenstein in Dresden als Stickerin eine Existenz aufbauen. Zwei Jahre später heiratete sie den jüdischen Handelsvertreter Berthold Altmann (1882– 1943).
Das Selbstverständnis seiner Familie beschrieb Richard Werner Löwenstein rückblickend als „deutsch-jüdisch“. Man war sich bewusst, dass man jüdisch war, fühlte sich aber in erster Linie als deutsch. Sein Vater und sein Stiefvater hatten im Ersten Weltkrieg als Soldaten im deutschen Heer gedient und waren mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet worden.
In Dresden besuchte Richard Werner Löwenstein die Kreuzschule. Anschließend begann er eine Ausbildung in dem jüdischen Einzelhandels-Konzern Alsberg an der Wilsdruffer Straße. Nur wenige Tage nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten nahm sich Richard Werner Löwensteins Schwester das Leben. Er fand sie, als er nach einem Kinobesuch nach Hause kam.
Am 1. April 1933 erreichte die Ächtung jüdischer Unternehmen mit dem Boykott gegen jüdische Geschäfte einen ersten Höhepunkt. Gemeinsam mit anderen als jüdisch verfolgten Angestellten wurde auch Richard Werner Löwenstein wenig später entlassen. Der Betrieb selbst wurde im Sommer 1933 „arisiert“. Unter dem Eindruck zunehmender Zwangsmaßnahmen und Entrechtung der jüdischen Bevölkerung fasste Richard Werner Löwenstein den Entschluss, aus Deutschland auszuwandern. Nach einem kurzen Aufenthalt in Palästina kehrte er jedoch im Sommer 1934 nach Deutschland zurück. Der Bruder seiner Mutter Albert Levy (1886–1943), Geschäftsführer des Kaufhaus-Unternehmens M. & S. Cohn in Altenburg (Thüringen), bot ihm eine Stelle in dem Kaufhaus an. An seiner Absicht, aus Deutschland auszuwandern, hielt Richard Werner Löwenstein jedoch fest. 1936 konnte er sie verwirklichen. Während viele Länder die Einwanderung für jüdische Emigrantinnen und Emigranten aus Deutschland stark beschränkten, erhielt er für Südafrika eine Einreisegenehmigung. Die Wochen vor seiner Auswanderung verbrachte Richard Werner Löwenstein wieder in der elterlichen Wohnung in Dresden. Gemeinsam mit einem Sohn seines 1943 in Auschwitz ermordeten Onkels Albert Levy und einem Verwandten aus der Familie seines Stiefvaters verließ er das nationalsozialistische Deutschland. Richard Werner Löwenstein kam an seinem 25. Geburtstag in Kapstadt an. In seiner neuen Heimat anglisierte er seinen Nachnamen in „Loewenstein“. In den kommenden Jahren baute Richard Werner Loewenstein in Südafrika eine neue Existenz auf und gründete nach verschiedenen Versuchen, sich selbständig zu machen, schließlich ein Schuhgeschäft. Sein Plan, seine Eltern nachzuholen, misslang. Julia und Berthold Altmann wurden 1943 in Auschwitz ermordet. Richard Werner Loewenstein heiratete in Port Elizabeth (Südafrika) und bekam zwei Töchter. Dort lebte er bis zu seinem Tod am 4. Juli 2007.
Christine Bücher
Quellen
Telefonische Auskunft Christian Repkewitz, 7.2.2025
USC Shoah Foundation, Visual History Archive: Richard Lowenstein,
https://vha.usc.edu/testimony/11108?from=search&seg=7 (Interview, 4.3.1996)
Familie Altmann, Berthold, in: Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Dresden e. V. / Archiv Gedenkbuch in der Jüdischen Gemeinde zu Dresden (Hg.), Buch der Erinnerung Juden in Dresden deportiert, ermordet, verschollen. 1933–1945, Berlin/Leipzig 2025, S. 33f
Der Stolperstein für Richard Löwenstein wurde auf Initiative der Evangelisch-Lutherischen Kirchgemeinde Dresden-Blasewitz verlegt.
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