Details

Heinz Martin Wendisch

Hans-Sachs-Straße 27, Pieschen

Hier wohnte
Heinz Martin
Wendisch
Jg. 1913
eingewiesen 1938
Heilanstalt Colditz
‚verlegt‘ 1939
Heilanstalt
Grossschweidnitz
ermordet 19.3.1940



Heinz Martin Wendisch wurde am 26. Januar 1913 als uneheliches Kind von Dr. Martin Petersen und Emma Helene Wendisch geboren, später verheiratete Schneider. Die Diagnose, die bei der Geburt gestellt wurde, lautete "angeborener Schwachsinn". Bedingt durch seine geistige Behinderung konnte er nur mit Schwierigkeiten sprechen. Seine Familie beschrieb Herrn Wendisch als unruhig und unter Krampfanfällen leidend. Er lernte zwar verzögert laufen, entwickelte sich körperlich ansonsten aber unauffällig. Mit sechs Jahren kommt er zur Beobachtung in die Städtische Heil- und Pflegeanstalt. Diese wurde 1930 umbenannt in das Stadtkrankenhaus Löbtau, wo psychisch kranke, alkoholabhängige, geistig oder körperlich behinderte Menschen behandelt wurden. Seit seinem 16. Lebensjahr litt er an sogenannten Erregungszuständen, die mit Aggressionen einhergangen. Im Januar 1929 erfolgte die Aufnahme von Heinz Wendisch in die Psychiatrische Landesanstalt Arnsdorf, wo er bis zum Januar 1938 bleibt. Sein Onkel Paul Wendisch wird zum Vormund für seinen Neffen bestellt. Im September 1934 werden Fotos von Herrn Wendisch im Deutschen Hygiene-Museum gezeigt, die Bestandteil der Nazi-Kampagne "zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" waren. Zwischen Januar 1938 und Oktober 1939 hielt sich Heinz Wendisch in der Psychiatrischen Heil- und Pflegeanstalt Zschadraß auf (Schloss Colditz). Die Cousine von Herrn Wendisch erinnerte sich an die schlechte Versorgung mit Nahrungsmitteln. Am 3. Oktober 1939 erfolgte die Verlegung im Sammeltranspart in die Sächsische Landesheilanstalt Großschweidnitz. Der letzte Eintrag von Herrn Wendisch in seiner Patientenakte nur wenige Tage nach der Ankunft am 19. Oktober lautet: "Hat sich bis jetzt ruhig verhalten. Liegt stumpf und teilnahmslos im Bett. Zeigt keinerlei geistige Regungen. Auf Fragen antwortet er nicht, sondern blickt blöde lächelnd vor sich hin. Allgemeinzustand leidlich." Am 12. Februar 1939 wird der Vormund Paul Wendisch über den merklichen Kräfteverlust des Patienten informiert und bemerkt, dass mit dem Schlimmsten zu rechnen sei. Am 14. Februar 1940 erhielt er noch einen liebevollen Brief von seiner Mutter, in der sie ihm baldigen Besuch und Nahrungsmittel verspricht. Emma Helene Wendisch wendet sich in diesem Brief auch persönlich an das pflegende Personal, Schwester Luise: "Liebe Schwester, ich bitte Sie von Herzen, machen Sie es doch Heinz etwas leicht. Vielleicht geben Sie Heinz einen Gummi-Ring denn er war ja so aufgelegen. Am liebsten käme ich Heinz pflegen." Am 19. März 1940 verstarb Heinz Wendisch in der Sächsischen Landesheilanstalt Großschweidnitz im Alter von 27 Jahren durch systematische Mangelernährung, die mit unzureichender Pflege und wahrscheinlich einer Medikamentenüberdosierung zu seinem Tod geführt hatte.

Seine Familie spendete diesen Stolperstein in Gedenken an Heinz Martin Wendisch im September 2013.

Stolperstein Hans-Sachs-Straße 27, 01129 Dresden

Quellen:
Angaben der Familie

Faulstich, Heinz: "Sachsen", in: ders. (1998): Hungersterben in der Psychiatrie 1914-1949. Mit einer Topographie der NS-Psychiatrie. Lambertus-Verlag Freiburg, S. 480-506.

Wendisch, Emma Helene: Brief an ihren Sohn vom 14. Februar 1940. (Besitz der Familie)

Putzpate:
bereits vergeben

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