Details

Nathan Arthur Levi

Königsbrücker Straße 57, Neustadt

Hier wohnte
Nathan Arthur
Levi
Jg. 1894
verhaftet 1942
Buchenwald
ermordet 17.10.1942



Nathan Arthur Levi wurde am 30. August 1894 in Potsdam geboren.
Mit seiner Frau Gerda Levi, geborene Wehnert, lebte er in Dresden auf der Königsbrücker Straße 57. Er arbeitete als Botengänger und Markthelfer und warb 1928 für seine Dienste im Gemeindeblatt der Israelitischen Religionsgemeinde zu Dresden. Andere Quellen besagen, dass er als Krankenpfleger tätig war. Vermutlich wurde er im Herbst 1942 in Dresden verhaftet. Am 17. Oktober 1942 wurde er im Konzentrationslager Buchenwald ermordet. Seine Ehefrau Gerda lebte auch nach dem Krieg in derselben Wohnung weiter.

Zeitzeugenbericht des Nachbarn Christoph Turra vom Juli 2012. Das Gespräch führte Frauke Erdmann, die die Angaben anschließend verschriftlichte."Ich lernte Nathan Arthur Levi als Nachbarn bzw. Mieter im Wohnhaus meines Vaters im Vorschulalter kennen. Wir wohnten gemeinsam in dem Haus Königsbrücker Straße 57. Herr Levi lebte mit seiner Frau Gerda (geborene Mehnert) im Dachgeschoss in einer sehr kleinen Wohnung. Ich war damals ein kleiner Junge. Wenn ich im Hof unseres Hauses auf der Königsbrücker Straße 57 spielte, sah ich Herrn Levi oft, wenn er täglich morgens früh aus dem Haus ging und abends wieder kam. Er war ein schlanker, stattlicher, hochgewachsener Mann (mit einer großen Nase). Immer trug er denselben dunkelblauen, langen Mantel mit dem gelben Judenstern und die kleine Schiebermütze (Thälmannmütze). Er grüßte meist freundlich, war sehr höflich jedoch immer ernst und eher kurz angebunden und sehr verschlossen. Dadurch machte er auf uns Kinder einen besonders würdevollen Eindruck. Wir hatten immer eine gewisse Ehrfurcht vor ihm durch seinen Respekt einflößende Ernsthaftigkeit. Gerüchten zufolge arbeitete er als Krankenpfleger und Markthelfer.
Nathan Levis Frau Gerda war auch immer sehr einfach gekleidet. Ich vermute, die beiden waren sehr arm. Sie hatten meines Wissens nach keine Kinder. Aber Frau Levi war sehr, sehr kinderlieb. Herr Nathan Levi war immer sehr hilfsbereit, insbesondere wenn mein Vater ihn um etwas bat. Er wahrte aber immer eine gewisse Distanz, ließ nicht viel von sich blicken. Vielleicht war es Vorsicht vor dem Hintergrund politischer Aktivitäten. Mein Vater hatte wohl eine gewisse Sympathie für ihn. Er war ein Nazi-Gegner, was er auch in seinem Handeln zeigte, indem er z.B. 1945, als die Russen in Dresden einzogen einen SS-Mann beseitigte, der diese mit einer Granate angreifen wollte. Eines Tages wurde Herr Levi von den staatlichen Sicherheitsbehörden abgeholt/inhaftiert. Ich war an dem Tag, wie so oft, spielend mit den anderen Kindern auf dem Hof hinter dem Fahrradgeschäft meines Vaters. Drei Männer in Uniform führten Herrn Levi ab, an mir vorbei über den Hof in Richtung Königsbrücker Straße, wo sie mit ihm in ein Auto einstiegen. Einige Nachbarn schauten in dem Moment aus dem Fenster. Es lag ein bedrückendes Schweigen über dem Hof. Keiner sagte etwas. Auch von Frau Levi war nichts zu hören.
Lange hat Herr Nathan Levi dann wohl nicht mehr gelebt. Denn es muss im Sommer/Herbst 42 gewesen sein als die Nationalsozialisten ihn auf der Königsbrücker Straße abholten. Ich erfuhr später, dass Herr Levi schon im Oktober in Buchenwald ermordet wurde.
Frau Levi lebte auch nach dem Tod ihres Mannes bzw. nach Kriegsende weiterhin bei uns im Haus. Sie hatte eine Schwester, welche seit 1945 bei uns im Haus in der Wohnung mit Frau Levi gemeinsam wohnte. Diese Schwester wiederum hatte einen Sohn namens Henry, mit dem ich viel spielte. So lernte ich auch die bescheiden eingerichtete Wohnung der Levis kennen. Henry und ich teilten Kindheit und Jugend sehr intensiv. Henry hatte kaum Verwandtschaft und Freunde. Wir gingen viel zusammen in die Schauburg ins Kino und später teilten wir die ersten Erfahrungen unserer Liebschaften. Eines Tages war Henry verschwunden. Ich habe seitdem leider nichts mehr von ihm gehört."

Ines Herrmann, die in der Nachbarschaft lebt, spendete diesen Stolperstein im Jahr 2012.

Quellen:
Arbeitskreis Gedenkbuch der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Dresden e.V. (2006): Buch der Erinnerung. Juden in Dresden: Deportiert, ermordet, verschollen. 1933-1945. Thelem Universitätsverlag Dresden, S. 220.

Erdmann, Frauke: Zeitzeugenbericht des Nachbarn Christoph Turra vom Juli 2012, Gesprächsmitschrift.

Das Gedenkbuch des Bundesarchivs für die Opfer der nationalsozialistischen Judenverfolgung in Deutschland (1933-1945): www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/

Putzpate:
bereits vergeben

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